Nachdem sowohl im letzten und auch in diesem Jahr der Hermannslauf coronabedingt zum Standardtermin Ende April abgesagt werden musste, fand er nun erstmalig (und vermutlich auch letztmalig) im Oktober statt. Der „Hermann“, wie er in Bielefeld und Umgebung nur genannt wird, führt über 31,1 km durch den Teutoburger Wald vom Hermanns-Denkmal bei Detmold bis zur Sparrenburg nach Bielefeld. Das Streckenprofil ist mit knapp 570 hm Auf- und über 770 hm Abstieg durchaus anspruchsvoll. Und auch die Strecke mit teils groben Waldwegen, sandigen Passagen, Treppen und längeren Kopfsteinpflasterstücken tut ihr Übriges, es dem Läufer nicht zu leicht zu machen.

Bei strahlend blauem Himmel und 14° Grad hätten die äußeren Bedingungen nicht besser sein können, auch wenn in diesem Jahr mit „nur“ 2.735 Teilnehmern das Starterfeld etwas dünner besetzt war als sonst (die bis zu 7.000 Startplätze sind zumeist schon in wenigen Stunden vergriffen). Ob dies eine coronabedingte Beschränkung des Veranstalters war (der durch 2G-Regel alles im Griff hatte), oder ob sich einfach weniger Läufer angemeldet hatten, sei es wegen mangelndem Trainingsstand, „falschem“ Termin im Oktober oder aus Vorsicht wegen Corona, war nicht klar.

Da aufgrund der großen Läufermengen eine eigene Anreise zum Hermanns-Denkmal nicht möglich ist, werden zwischen 7.00 - 9.00 h morgens alle Starter mit Bussen (wie beim ATG-Winterlauf) von Bielefeld oder Detmold aus zum Denkmal gebracht, so dass alle rechtzeitig beim Start der ersten Gruppe um 11.00 h vor Ort sind.

Da dies mein erster Hermann war, wurde ich mit anvisierten 3 ½ Stunden Zielzeit in die letzte Startgruppe einsortiert, was mir auch ganz Recht war, da hier bei den Meisten das „Ankommen“ wichtiger war als die neue Bestzeit, und ich hoffte unterwegs weniger Stress wegen überholenden Läufern zu haben. Vor dem Start verinnerlichte ich mir noch einmal die Worte des Ansagers, bloß nicht zu schnell anzugehen und zu überpacen, da es auf den ersten 3 - 4 km nur bergab geht. Das war jedoch leichter gesagt als getan, da bei teilweise über 20% Gefälle auch das Bremsen ein paar Körner frisst. Aber ich kam gut rein in den Lauf und die ersten Kilometer vergingen wie im Flug und ich war fast überrascht, als ich bei Km 5,5 war und in die erste Steigung hoch zum Großen Ehberg musste. Kaum geschafft, ging es wieder steil bergab um dann über eine sonst gesperrte Panzerstraße entlang des Truppenübungsplatzes Senne in Richtung Tönsberg zu laufen. Während des zunächst gemächlichen Einstiegs in den Berg fragte ich mich noch, warum alle so viel Respekt vor dem Berg hatten und bekam die Antwort hinter der nächsten Kurve. Man lief wie in eine Wand hinein und mein anfänglicher Versuch hier bis oben zu laufen, wurde nach den ersten 50 m ad acta gelegt. Keine Chance, hier ging jeder (zumindest die meiner Leistungsklasse ?). Nach etwa 500 steilen Metern hatte man den Bergrücken erreicht und es ging stetig steiler (auch wieder über 20%) über die nächsten 3 km auf teils grobem Kopfsteinpflaster bis nach Oerlinghausen (km 18) hinein bergab, wo gefühlt der ganze Ort anfeuernd an der Strecke stand. Es ging immer noch bergab und kaum hatte man den tiefsten Streckenpunkt erreicht und die Beine hatten sich so richtig aufs Bergablaufen eingestellt, wartete mit dem Schopketal die nächste „Wand“ auf uns. Wenn auch kürzer, mindestens genau so steil wie der Tönsberg, war auch hier wieder gehen angesagt. Auf den nächsten Kilometern ging es auf welligem Terrain bei moderaten Prozenten stetig bergauf, so dass nach Überquerung der Autobahn bei km 23 die Lämershagener Treppen kamen. Hier warteten in zwei Abschnitten je ca. 50 Treppenstufen (oder besser Eisenbahnschwellen) auf uns Läufer um uns die letzte Reserven zu klauen. Ich war echt platt und beim Blick auf die Zeit schwante mir Böses, dass ich hinten raus richtig büßen würde. Es ging wellig weiter bergauf bis zum Sender „Eiserner Anton“. Nach einem steilen Bergabstück und weiteren Treppen, war die letzte Steigung bei km 27 geschafft. Gott sei Dank, ging es die letzten 4 km ins Ziel nur noch bergab, aber gefühlt waren sie die längsten des ganzen Laufs, denn ich musste mich mit Krämpfen in den Beinen schon ganz schön quälen. Ins Ziel kam ich nach 3:25:53 Stunden und war somit sogar leicht besser als geplant gewesen. Allerdings muss ich sagen,dass ich froh bin, am Anfang wirklich ruhig angegangen zu sein, denn auf den letzten Kilometern habe ich doch einige „Kollegen“ überholt, die sich nur noch bergab gehend ins Ziel schleppten.

Alles in allem war es ein grandioses Erlebnis und ich kann den Lauf nur jedem empfehlen, der eine Herausforderung sucht. Denn genau das ist der Hermann und sollte ich ihn nochmal laufen, werde ich mein Training leicht anpassen müssen. Nur Höhenmeter im Training fressen wird nicht reichen, denn ganz besonders werde ich dann das lange und vor allem steile Bergablaufen trainieren müssen, denn das war der deutlich schwierigere Teil.

Abschließend noch ein paar Worte zur Organisation des veranstaltenden TSVE Bielefeld. Einfach nur perfekt!!! Sei es der gut organisierte Bustransfer, die Taschenrückführung (jeder Starter bekam seinen eigenen Startbeutel mit Startnummer und in je nach Startblock unterschiedlicher Farbe), die vielen Helfer entlang der Strecke mit insgesamt fünf Versorgungsstellen und gefühlt 20 Krankenwagen an vielen Streckenstellen, falls mal was passieren sollte. Auch im Ziel war alles top organisiert mit vielen Getränke- und Essensständen, klar ausgewiesen Schildern wo man seine Tasche bekam, das T-Shirt abholen konnte etc. Man merkte, dass hier Jahre an Erfahrung vorhanden sind, denn das kann man eigentlich nicht besser durchführen.